GENF: ERÖFFNUNG DES PAVILLON DE LA DANSE
Es hätte ein Tanzhaus sein können, aber es wurde ein Pavillon de la danse. Der erste Saal, der ausschliesslich dem Tanz gewidmet ist, wurde in diesem Frühjahr endlich in Genf eröffnet.
Nach mehr als 20 Jahren des Wartens und monatelanger Einschränkungen hat die Entschlossenheit eines ganzen Berufsstandes einen potenziell nomadischen Veranstaltungsort hervorgebracht, der nun lokale, nationale und internationale Tänzer*innen willkommen heisst.
Die offizielle Einweihung war für den 24. März 2021 mit «infini» von Boris Charmatz geplant, konnte aber erst Ende Mai unter den vom Bund geforderten sanitären Bedingungen stattfinden. «Dieser Pavillon ist die Krönung einer über zwanzigjährigen Reise! Es war sehr seltsam, diesen zu eröffnen, als die Theater noch geschlossen waren», bemerkt Anne Davier, die gemeinsam mit der Choreografin Cindy van Acker den Ort leitet. «Der Pavillon ist ein wunderschöner Ort im Herzen der Stadt. Er besteht aus einem Aufführungssaal, einem kleinen Mehrzweckraum für Besprechungen und Vermittlungsaktivitäten, einem öffentlich zugänglichen Dokumentationszentrum mit Büchern, Zeitschriften und Videos zum Thema Tanz, diversen Verwaltungsbüros und einem grossen Foyer mit einer Bar. Die kompakte, leichte, Konstruktion ohne Keller wurde so konzipiert, dass sie bei Bedarf demontiert und versetzt werden kann, ohne Spuren zu hinterlassen.»
Laut Anne Davier hat der Tanz an sich schon unter der Pandemie gelitten. «Beim Tanz geht es um die Nähe zu anderen, um Berührung, es geht darum, von einer Gemeinschaft von Künstlern umgeben zu sein, um den Atem zu teilen! Sie sind für den Tanz unerlässlich. Diese Krise hat uns fast ein Jahr lang nicht nur der Öffnung unserer Häuser für die Öffentlichkeit beraubt, sondern auch die Praktiken und Identitäten der Tänzer beeinträchtigt.» Umso mehr freut sie sich, ein originelles und innovatives Programm anbieten zu können, das mehrere Künstler*innen zusammenbringt.
2019 schlägt «Ceci est une rencontre» Brücken zwischen aussergewöhnlichen Musiker*innen und Tänzer*innen, die Marthe Krummenacher an fünf performativen Abenden zusammenbringt. Anlässlich der Installation des ADC im neuen Pavillon de la danse übernimmt das Kollektiv bis zum 20. Juni 2021 die Räumlichkeiten und treibt seine Erkundungen noch weiter. Martha Krummenacher, Tänzerin aus Genf und Gewinnerin des Preises für aussergewöhnliche Tänzer des Bundesamtes für Kultur, wiederholt das Erlebnis mit sechzehn Gästen mit ausgewiesenem Improvisationstalent. Im Geiste der Judson Church bewohnt eine Künstlerfamilie einen Raum, verleiht ihm eine Seele, getrieben von der Lust am Experiment.
Der Pavillon wird zu einem Haus der Schöpfung, der Reifung, des Versuchs, des Scheiterns, des Traums, in dem Ideen in völliger Freiheit aufgehen. Indem sie die Momente des Austauschs und des Teilens vervielfachen, nähren sich die Künstler*innen von ihrer Forschung und laden manchmal die Öffentlichkeit ein, sich ihnen anzuschliessen, um Nachmittage mit dem Team «bei der Arbeit» zu teilen. «Die Investition in den Pavillon streckt auch die Zeit für die Improvisation.», betont Anne Davier.