IM SPOTLIGHT: DIE ETHIK-KOMMISSION DES DACHVERBAND TANZ DEUTSCHLAND (DTD)

Donnerstag 15.12.22
Von: Margrit Bischof

Es gibt keine machtfreien Räume, auch nicht im Tanz. Die Beschäftigung mit der Thematik Macht und Machtmissbrauch im Tanz ist daher essenziell.

Der Dachverband Tanz Deutschland (DTD) hat die Problematik von Machtmissbrauch, Grenzüberschreitung und Diskriminierung (sexuell, rassistisch, ethnisch wie nicht-normgerechter Körper) erkannt. Er installierte vor vier Jahren eine Ethik-Arbeitsgemeinschaft mit dem Ziel, Unterlagen für eine zukünftige Ethik-Kommission zu entwerfen. Im November 2021 wurde die Ethik-Kommission offiziell eingerichtet.


Die Kommission besteht aus acht Mitgliedern, paritätisch gewählt von der MV und vom Vorstand des DTD, einer Verbindungsperson zum DTD sowie einer Mitarbeiterin des DTD-Teams, welche administrativ unterstützt. Die Mitglieder bringen wichtige unterschiedliche Expertisen mit: juristische, theoretisch-wissenschaftliche, medizinisch-psychosomatische, mental und physisch gesundheitliche, tanzkünstlerische, sowohl aus dem urbanen wie dem afrikanischen Tanzbereich, gewerkschaftliche, tanzpädagogische und tanzforschende. Alle arbeiten ehrenamtlich, sie erhalten ein Sitzungsgeld.


Als erste Aufgabe stand eine Recherche an: Inwiefern sind Arbeitsbedingungen im Bereich Tanz bereits erforscht? Welche persönlichen und beruflichen Rechte haben Beschäftigte im Bereich Tanz? Welche Studien zu Ethik und Tanz liegen vor? Für diese Recherchen waren die unterschiedlichen Expertisen sehr hilfreich. Daraus ergaben sich Themenfelder, die in Untergruppen systematisch bearbeitet werden. Konkrete Ideen fliessen in die Kommissionssitzungen ein.


An drei Beispielen soll aufgezeigt werden, wie die Kommission im weiten Feld der Ethik im Tanz Transparenz und Aufklärung schaffen möchte.


Im Bereich Kommunikation soll mit der Idee eines Reisenden Salons im Tanzbereich ein Diskussions- und Austauschforum etabliert werden, mit dem Ziel, kontrovers und dennoch respektvoll über kontroverse Themen zu sprechen und voneinander zu lernen. Der Reisende Salon soll frei von Wertung und Beurteilung Debatten schaffen. Er will Verständnis und Empathie füreinander und für unterschiedliche Standpunkte entwickeln.


Die Good Practice Beispiele sollen als Videoproduktionen den Institutionen Anregungen für die Umsetzung diskriminierungssensibler, demokratischer und arbeitnehmerfreundlicher Strukturen vermitteln. Alle sechs Monate soll ein 15-minütiges Video gelauncht werden. Die Videos enthalten jeweils eine kurze Einleitung in das Thema und seine rechtlichen und politischen Implikationen sowie ein Interview mit einer*einem Alltagsexpert*in. Hierbei sollen die Anwendung und die Praxis mit ihren Problemen und Herausforderungen im Vordergrund stehen. Gefilmt werden sie am Ort ihres Wirkens.


Mit einer Online-Selbstbefragung für Tanz-Organisationen soll ein Reflexionsprozess im eigenen Haus angestossen werden. Die Recherchen haben gezeigt, dass besonders in formalen Bildungsorten ein hoher Institutionalisierungsgrad besteht, der häufig zu Konflikten führen kann. Mit dem eigens entworfenen Online-Test kann eine Selbstanalyse durchgeführt und die eigene Organisation resp. Institution hinsichtlich ethischer Grundsätze befragt werden.


Weiter sind ein Online-Portal mit einem offenen Forum, einer Ansprechstelle, einem Info/Wissensportal und einer Beispiel-Betriebsvereinbarung für Tanzkompanien sowie Strukturen für interne Arbeitsweisen in Bearbeitung.


Die Kommission sieht ihre Aufgabe darin, Aufklärungsarbeit über berufliche und persönliche Rechte zu leisten. Durch das Online-Portal will sie Zugänge zu hilfreichen Informationen in verschiedenen Arbeitsbereichen von Tanzschaffenden sammeln, erstellen und bereitstellen. Sie will Ansprechstelle für diskriminierungskritische Arbeits- und Ausbildungsansätze sein und sie will Debatten um gerechtere Arbeitsbedingungen im Tanzbereich anstossen und führen. Sie will über Rechte aufklären sowie Anlauf- und Beratungsstellen vermitteln, die Ethik-Kommission ist selber keine Beratungsstelle!


Die Herausforderungen werden sein, Schutz und Anonymität zu gewähren sowie eine Niedrigschwelligkeit für Betroffene zu ermöglichen. Last but not least: das Fass, das die Ethik-Kommission öffnet, muss sie auch bedienen und mit ihren eigenen Ressourcen bewältigen können.


Die Ethik-Kommission strebt mit ihrem Wirken einen Beitrag zu vermehrter Transparenz an. Sie will Grundlagen legen zu bewusstem ethischem Handeln, um in Zukunft unzulässige Grenzüberschreitungen auszuschalten und die Wertschätzung aller im Tanz Tätigen zu steigern.


Margrit Bischof, Vorstandsmitglied Dachverband Tanz Deutschland (DTD) und Mitglied der Ethik-Kommission als Verbindungsperson zum DTD, Mitglied von Danse Suisse.


Dezember 2022


***Die Inhalte dieser Rubrik repräsentieren nicht zwingend die Position des Berufsverbands und liegen in der Verantwortung der Autor:innen.***