GESCHICHTE VOM MONTE VERITÀ – DIE UTOPISCHE GEMEINSCHAFT, DIE VON EINER BESSEREN WELT TRÄUMTE
In Florenz zeigt das Museo Novecento bis zum 10. April 2022 die Ausstellung «Monte Verità. Back to nature». Erzählt wird die Geschichte der Gemeinde Ascona im Kanton Tessin, zu deren Protagonist:innen Rudolf von Laban, Gropius, Paul Klee, Carl Gustav Jung und Isadora Duncan gehörten.
Die Ausstellung spürt der wichtigen und grundlegenden Erfahrung des Teilens nach, die den Grundstein für ein ökologisches, antiindustrielles Denken legte, das frei war von den Zwängen der modernen Gesellschaft des 20. und auch des heutigen Jahrhunderts.
Alles begann an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, als das Tessin zum bevorzugten Reiseziel einer Gruppe von Menschen wurde, die eine Alternative zu den starren gesellschaftlichen Konventionen, der rasanten Verstädterung und einem Lebensstil, der sich immer mehr von den Rhythmen des Menschen und der Natur entfernte, suchte.
Ab 1900 wurde der Berg Monescia oberhalb von Ascona zu einem Anziehungspunkt für eben diese Menschen, die ein alternatives Leben suchten. Die Gründer:innen kamen von überall her: Henri Oedenkoven aus Antwerpen, die Pianistin Ida Hofmann aus Montenegro, der Künstler Gusto Gräser und sein Bruder Karl Gräser aus Siebenbürgen – sie waren es, die den Monte Monescia in «Monte Verità» umbenannten. Sie bauten Holzhütten, in die viel Licht eindringen konnte, denn die Heliotherapie war eine der vielen Möglichkeiten, zu sich selbst zu finden und sich besser zu fühlen. Sie widmeten sich der Gartenarbeit, dem Ackerbau, immer im Respekt vor der Natur, wobei sie sich vegetarisch ernährten. Zudem praktizierten sie Meditation und setzten sich ständig der Luft, der Sonne und dem Wasser aus, um sich auf archaische Weise wieder mit den natürlichen, jahreszeitlichen und meteorologischen Zyklen zu verbinden. Nach und nach vergrösserte sich die Gruppe der Bewohner:innen und es kamen der Anarchist Bakunin, der ungarische Choreograf Rudolf von Laban, der anarcho-kommunistische Theoretiker Pjotr Kropotkin, der Dadaist Hugo Ball, die Tänzerin Isadora Duncan, der Schriftsteller Hermann Hesse, der Bauhaus-Architekt Walter Gropius, die Künstler Hans Arp und Paul Klee, Carl Gustav Jung, der Kurator Harald Szeemann sowie viele andere hinzu.
Im Laufe der Jahre schlossen sich der Gemeinschaft Denker:innen aus der ganzen Welt an: Theosoph:innen, Reformer:innen, Anarchist:innen, Kommunist:innen, Sozialdemokrat:innen, Psychoanalytiker:innen, Schriftsteller:innen, Dichter:innen, Künstler:innen und schliesslich Emigrant:innen aus den beiden Weltkriegen.
Das Zusammenleben basierte auf einem kooperativen System, dem die Emanzipation des Individuums zugrunde lag, und das die Freiheit garantierte, die für Selbstkritik nötig war und für das Wohlbefinden von Körper und Geist.
Ein Teil der Ausstellung in Florenz ist dem Tanz gewidmet, nicht zuletzt aufgrund der Schule, die Laban dort gründete und der sich Schülerinnen wie Mary Wigman, Isadora Duncan oder die gotisch-ägyptische Tänzerin Charlotte Bara anschlossen, die ihr Theater an den Hängen des Berges errichtete und dessen Bau sie einem weiteren Architekten des Bauhaus-Stils, Carl Weidemeyer, anvertraute. Zwei von Charlotte Baras kostbaren Kleidern, die mit ihren heiligen Tänzen verbunden sind, sind in der Ausstellung zu sehen, im Dialog mit Originalfotos und Filmen von Labans Unterricht.
Für weitere Informationen: www.museonovecento.it.